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Uzak Martin Rosefeldt , Arte (Germany), February 3, 2005
Minutenlang zeigt uns Nuri Bilge Ceylan seinen wortkargen, in die Rituale seiner Einsamkeit versponnenen Protagonisten, der sich in seiner mit allen Insignien eines intellektuellen Komforthaushalts ausgestatteten Wohnung zurückgezogen hat. Die Dauerberieselung aus dem Mega-Fernseher , die gelegentlichen Besuche einer Mätresse und die zwanghaften Ordnungsrituale künden von einem Mann in einer existentiellen Krise, dem seine Ideale abhanden gekommen sind. Dass es sich bei Mahmut um das Alter Ego des Regisseurs handeln könnte, darauf verweist der Umstand, dass Ceylan seinen Protagonisten in der eigenen Wohnung leben lässt und die eigene Mutter und Ehefrau Mahmuts Mutter und geschiedene Ex-Frau spielen. Bei aller Tristesse kann Ceylan diesem deprimierenden Zustand, der immer etwas mit Selbstmitleid und Verklärung der Vergangenheit zu tun hat, auch tragikomische Zwischentöne abgewinnen. Yusuf, der unerwartete Besucher, stört, wenn Mahmut nachts die Pornokassette dem Tarkowski-Video vorzieht und er stört, weil er das Licht anlässt und Mahmut dazu bringt, sich in der eigenen klebrigen Mausefalle zu verfangen. Aber dennoch führt die Zweisamkeit
der beiden einsamen Männer bei Ceylan zu keiner wirklichen Annäherung.
Zu unterschiedlich ist ihrer beider Leben verlaufen, zu sehr hängen die
beiden Männer ihren Erinnerungen und Obsessionen nach. Yusuf muss erkennen,
dass sein Traum, zur See zu fahren, eine Luftblase ist. Auch seine Sehnsucht
nach einer Frau erfüllt sich nicht. Im winterlich verschneiten Istanbul
fängt Ceylan diese Melancholie in großartigen, stahlblauen Bildern ein.
Die kleinen Szenen, Gesten und Blicke, die Ceylan für die Gefangenheit
seiner Protagonisten finden, sind es, die diesen leisen Film in der Tradition
von Ozu, Kiarostami und Tarkowski zum noch lange nachhallenden Meisterwerk
[...] macht.
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